Autoritäre Erziehung: Das steckt dahinter

Strenge, Ansprüche, Tadel, Verbote – nicht umsonst gehört die autoritäre Erziehung der Vergangenheit an. Doch noch immer verfallen Eltern in diesen umstrittenen Erziehungsstil. Die fehlende Nähe zu ihren Bezugspersonen kann jedoch zu schwerwiegenden Folgen in der Entwicklung des Kindes führen.

Autoritäre Erziehung: Definition

Bis in die 1960er-Jahre war die autoritäre Erziehung das vorherrschende Modell, um Kinder zu erziehen. Erst im Zuge der Studentenbewegung weichten die etablierten Hierarchien allmählich auf und liberalere Erziehungsformen wurden in den Familien üblicher.

Kurt Lewin, ein deutsch-amerikanischer Psychologe, war der erste Wissenschaftler, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts diverse Erziehungsstile charakterisierte. Nach Lewin ist der autoritäre Erziehungsstil hauptsächlich durch eine strikte Hierarchie zwischen Erzieher und Kind gekennzeichnet. Die Eltern haben das Sagen und treffen die Entscheidungen für ihr Kind. Dabei dulden sie keine Widerworte. Das Kind hat die aufgestellten Regeln zu befolgen und den Ansprüchen der Eltern bestmöglich zu genügen. Befolgt das Kind Anweisungen der Eltern nicht oder führt es sie nicht zur Zufriedenheit aus, erfährt es Tadel und Verbote, es wird gemassregelt und bestraft.

Bestimmte Aussagen sind charakteristisch für eine autoritäre Erziehung. Hier ein paar Beispiele:

  • «Wenn du nicht aufisst, gehst du hungrig ins Bett.»
  • «Wenn Erwachsene reden, halten Kinder den Mund.»
  • «Ich entscheide, wann du zu Bett gehst.»
  • «Solange du deine Füsse unter meinen Tisch stellst, tust du, was ich sage.»

Ein autoritärer Erziehungsstil geht noch weit über eine strenge Erziehung hinaus; er beeinflusst auch stark die emotionale Beziehung zwischen Eltern und Kind. Generell bekommt das Kind wenig Nähe und Zuwendung. Anerkennung erhält es nur, wenn es die gestellten Anforderungen nach Ansicht seiner Eltern zufriedenstellend erfüllt hat. Selbst ein Lob fällt eher unpersönlich und sachlich aus – eine liebevolle Geste erfährt das Kind selten.

Weitere Merkmale einer autoritären Erziehung:

  • Entscheidungen und Wünsche des Kindes spielen keine Rolle und werden übergangen
  • Erziehung erfolgt nach dem Belohnungs- und Bestrafungssystem
  • Hohe Anforderungen
  • Strenge Regeln und Kontrolle
  • Häufige Kritik
  • Emotionsloses Miteinander
  • Rauer, kühler Umgangston

Folgen der autoritären Erziehung

Pflegen Eltern einen autoritären Erziehungsstil, kann das negative Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Es bekommt keinen Spielraum, um sich selbst zu entfalten, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln und selbstständig zu werden. Darunter leiden das Selbstwertgefühl, die Kreativität und die sozialen Beziehungen – auch noch im Erwachsenenalter.

Häufig haben autoritär erzogene Kinder Probleme mit ihrem sozialen Umfeld. Sie neigen dazu, aggressiv aufzutreten, können sich nicht unterordnen und suchen ständig Aufmerksamkeit. Zudem zeigen sie das Verhalten, das sie zu Hause erfahren, auch gegenüber ihren Altersgenossen. Insbesondere vermeintlich schwächeren Kindern gegenüber verhalten sie sich oft herrisch, aggressiv und ich-bezogen. Das zeigt sich auch in ihrem Sprachgebrauch: Sie verwenden häufig Wörter wie «ich», «mein», «mir» und «mich».

Es kann aber auch passieren, dass sich autoritär erzogene Kinder genau andersherum verhalten: Sie lassen sich von ihren Altersgenossen in eine Opferrolle drängen, ziehen sich zurück und fühlen sich allein und hilflos. Dieses Verhalten zeigen sie auch im Erwachsenenalter.

Erfahren Kinder eine strenge Erziehung mit autoritärem Charakter, kann sich diese mit zunehmendem Alter auch auf die Psyche auswirken. Schlimmstenfalls kommt es zu Zwangsstörungen, paranoidem Verhalten, narzisstischen oder sogar sadistischen Zügen. Häufig pflegen autoritär erzogene Kinder im Erwachsenenalter selbst einen autoritären Erziehungsstil gegenüber ihren Kindern.

Der Mittelweg als Alternative

Um das Kind zu Höchstleistungen anzuspornen, setzen Eltern ihre Kinder einem autoritären Drill aus. Ihr Ziel ist es, den Ehrgeiz des Kindes zu fördern und ihm zu einem erfolgreichen Leben zu verhelfen, es vielleicht sogar zu einem Abbild seiner Eltern zu machen. Dass sie damit genau das Gegenteil bewirken, ist ihnen häufig nicht bewusst. Entwicklungspsychologen und Pädagogen raten daher dringend vom autoritären Erziehungsstil ab und befürworten den demokratischen Weg der Erziehung.

Eltern sollten sich allerdings bewusst machen, dass ihre Erziehung nie vollständig einem einzigen Stil entspricht. So kann es durchaus vorkommen, dass in einer demokratischen Erziehung Elemente der antiautoritären oder der autoritären Erziehung enthalten sind.

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