Vom rebellischen Leser zum Bücherwurm

Lesen ist von entscheidender Bedeutung. Ohne Lesen kann man nichts lernen! Aber wie können Eltern bei ihren Kindern die Freude an Büchern und die Lust am Lesen wecken? Hier sind einige nützliche Tipps.

Gemeinsam ein Buch zu lesen ist für Kinder ein Erlebnis.

«Lesen ist langweilig, Fernsehen und Videospiele machen viel mehr Spaß!» Gehören Sie auch zu den Eltern, die solche Sätze von ihren Kindern den ganzen Tag lang hören? Keine Sorge, damit sind Sie nicht allein: Viele Kinder können sich nicht für gedruckte Unterhaltung begeistern. Kein Wunder, denn beim Fernsehen, Computer- oder Konsolenspielen genügt es, ein paar Tasten zu drücken, und schon taucht man in die magische Welt der virtuellen Fantasiehelden ein. Zugegebenermaßen ist das Lesen eines Buches, so spannend es auch sein mag, wesentlich mühsamer.

Aller Anfang ist schwer

Keine andere Fähigkeit hat einen so direkten Einfluss auf den Bildungserfolg wie das Lesen. Wer nicht lesen kann, kann auch nicht lernen: Die gesamte Schullaufbahn – und später vielleicht auch die berufliche Qualifikation – hängt von der Fähigkeit ab, den Sinn eines Textes zu erfassen, wiederzugeben und zu bearbeiten. Die Schule soll daher gezielt die Freude am Lesen fördern, denn wer gerne liest, liest mehr und zwangsläufig auch besser. Wer regelmäßig liest, perfektioniert seinen Wortschatz, seine Ausdrucksweise, seine Fantasie und seine Kreativität. Helfen Sie Ihrem Kind frühzeitig, ein begeisterter Leser zu werden!

Die Lesefähigkeit Ihres Kindes entwickeln

Die Lesefähigkeiten Ihres Kindes entwickeln Im Idealfall sollte sie lange bevor die Kinder in der Lage sind, Buchstaben und Zeichen zu entziffern, stattfinden. Ab dem Alter von einem Jahr blättern Kleinkinder gerne in Bilderbüchern, und wenn sie älter werden, entdecken die Kinder nach und nach die Schrift und bekommen Lust, das Geschriebene selbst zu entziffern. Es ist Aufgabe der Eltern, diese Motivation und dieses Interesse gezielt zu nutzen. Maria Riss empfiehlt: «Wecken Sie jeden Tag die Neugier Ihres Kindes auf das Lesen! Lassen Sie Ihr Kind frei entscheiden, was es liest oder was es vorgelesen bekommen möchte. Sie sollten Ihrem Kind so früh wie möglich bewusst machen, wie spannend das aktive und passive Lesen ist. Denn je mehr schöne Erinnerungen Ihr Kind damit verbindet, desto mehr Lust wird es haben, sich in ein Buch zu vertiefen».

Einem Kind von klein auf eine Geschichte vorzulesen und ihm die Gelegenheit zu geben, umgeben von interessanten oder spannenden Büchern aufzuwachsen, nährt in der Regel den Wunsch, selbst zu lesen. «Umfragen haben ergeben, dass viele Kinder nach dem zweiten Schuljahr eine ablehnende Reaktion auf das Lesen erleben», fügt Maria Riss hinzu. Dem kann man entgegenwirken, indem man dem Kind vorliest. Manchmal reicht es schon, ihnen ein paar Seiten vorzulesen, bis die Handlung spannend wird, und die meisten Kinder lesen dann selbst weiter.

Kinder brauchen Begleitung

Es gilt die altbewährte Weisheit: Lesen lernt man nur durch Lesen. Je öfter Sie mit Ihrem Kind lesen, desto schneller und flüssiger wird es die Sprache beherrschen. Aber vergessen Sie nicht: Lesen soll Spaß machen! Richten Sie eine gemütliche Leseecke ein, in der Sie mit Ihrem Kind kuscheln und gemeinsam in die Welt der Geschichten eintauchen können. So wird das Schmökern zu zweit, das Vorlesen oder das Lesen des Kindes zu einem kleinen Abenteuer. 

Und noch ein Tipp: Ihr Kind kann durchaus auch andere Dinge als Bücher lesen. Vielleicht interessiert es sich mehr für Kinder- und Jugendzeitschriften. Um eine Lektüre zu finden, die Ihr Kind begeistern wird, sollten Sie seine Interessen herausfinden und akzeptieren. Sieht es gerne fern? Finden Sie heraus, ob es eine Buchreihe zu seiner Lieblingsserie gibt. Ist es ein Fan von Videospielen? Es gibt viele Bücher oder Comics über Computer- und Konsolenspiele. Ist Ihr Sohn ein Fußballfan? Kaufen Sie ihm eine Zeitschrift, die sich mit Fußball beschäftigt. Und wenn Ihr Kind sehr vielseitig interessiert ist, schenken Sie ihm zum Geburtstag ein Abonnement einer schlauen Jugendzeitung! Gehen Sie regelmäßig mit Ihrem Kind in die Bibliothek, in Buchhandlungen oder in Comicläden. Stöbern Sie mit ihm in den Regalen nach verborgenen Schätzen. Denn je mehr spannende und interessante Kontakte es mit Büchern oder Zeitschriften hat, desto mehr Interesse wird es entwickeln.


Lesen ist nicht immer ein Kinderspiel

Manche Kinder haben Schwierigkeiten mit dem Lesen. Wie kann man einem Kind das Lesen schmackhaft machen? Wir haben Carlo Meier, den Autor von Kinderbuchbestsellern, um Rat gefragt.

Was ist wichtiger, was ein Kind liest oder überhaupt, dass es liest?

Beides ist wichtig. Lesen fördert nicht nur die Vorstellungskraft, sondern auch das Schreiben und Verstehen, was sich positiv auf alle Schulfächer auswirkt. Ebenso wichtig ist der Inhalt der Lektüre: Sie möchten doch nicht, dass Ihr Kind gewaltverherrlichende Bücher liest. Ich halte es für besonders wichtig, dass die Figuren, mit denen sich das Kind identifiziert, die «Helden» der Bücher, insgesamt konstruktives Handeln und Denken fördern.


Sollten sich Bücher für Jungen von denen für Mädchen unterscheiden?

Auch wenn es wie ein Klischee klingt, die Erfahrung zeigt: Jungen wollen Action, Mädchen Liebesgeschichten.


Stimmt es, dass Jungen weniger lesen als Mädchen?

Ja, und ab etwa zwölf Jahren sogar deutlich.


Aus welchem Grund?

Wahrscheinlich, um es einfach auszudrücken, weil Jungen lieber Fußball spielen, als sich allein in ein Buch zu vertiefen. Aber auch, weil sie sich eher für technische und praktische Themen interessieren, die sie nicht unbedingt in Form eines Buches behandeln möchten.


Wie kann man Jungen dazu bringen, mehr zu lesen?

Sie sollten in einem Alter sein, in dem sie noch gerne Geschichten lesen: möglichst spannend und ohne «langweilige» Passagen (d. h. ohne zu viele Verstrickungen), mit genügend Action und einem Thema, das sie direkt anspricht. Dann, im Alter von 13-14 Jahren, können Sie sie dazu ermutigen, ihre eigene Zeitung am Computer zu veröffentlichen ... Ab diesem Alter wenden sich die meisten Jungen mehr oder weniger endgültig vom Lesen ab, mit Ausnahme von praktischen Büchern.


Wovon handelt ein gutes Buch für Mädchen?

Wie bereits bei den Jungen erläutert, sind einige Punkte zu beachten, die auch für Mädchen gelten: Spannung, Humor, ein gutes Thema, das ihrem Geschmack entspricht, denn Lesen soll Spaß machen. Auch für junge Leserinnen ist ein entscheidender Faktor: Die Beziehungen zwischen den verschiedenen Figuren sollten möglichst eine «beste Freundin» beinhalten. Und natürlich das Wichtigste: Die Heldin muss verliebt sein oder jemand, der in sie verliebt ist, oder es muss ein Mindestmaß an Handlung vorhanden sein, und wenn das nicht möglich ist, muss es zumindest für die Nebenrolle gelten.


Wie haben Sie in Ihrer Kindheit das Lesen entdeckt?

Indem ich spannende Bücher lese, die mehr oder weniger frei von langweiligen Passagen sind! Ich wurde erst relativ spät ein großer Leser, als ich mich für englische Krimis im Stil von Agatha Christie begeisterte. Davor mochte ich auch Astrid Lindgren, was auch heute noch der Fall ist.


Wie haben Sie herausgefunden, was die Kinder interessiert?

Ich schreibe die Kaminski-Kids-Reihe mit meinen drei eigenen Kindern, was wahrscheinlich der Grund dafür ist, dass man oft sagt, dass die Figuren im Buch wie echte Kinder sprechen, denken und handeln. Ich muss hinzufügen, dass ich jedes Jahr etwa 100 Lesungen halte, oft in Schulen von der dritten bis zur sechsten Klasse, in der ganzen Schweiz und in Deutschland.


Haben Sie einen Rat für Eltern von leseunwilligen Kindern?

Nicht einen, sondern zehn. Und bald schon elf – im September erscheint Band 11 der Kaminski-Kids... Im Ernst: Wir bekommen unzählige E-Mails von Eltern, die uns mitteilen, dass ihr Kind endlich anfängt zu lesen. Und es gibt auch Kinder, die uns schreiben, dass sie sich nicht als Leseratten sehen, sondern dass die Kaminski-Kids den Trend umgekehrt haben. Überprüfen Sie es also selbst, indem Sie sich das Besucherregister auf kaminski-kids.com ansehen.


Steckbrief:

Carlo Meier wurde 1961 in Zürich geboren und lebt seit 1986 als freier Autor in Zug. Er ist verheiratet und hat drei Kinder: Sidi (geb. 1985), Anuschka (geb. 1986) und Saskia (geb. 1989).

Er hat zahlreiche Auszeichnungen für seine Jugendkrimis, Romane und Drehbücher erhalten (European Script Fund, London, Pro Helvetia etc.). Er war Gegenstand von Fernsehsendungen auf ZDF, SF DRS und anderen Sendern. Die Kinder- und Jugendbücher der Reihe «Kaminski-Kids» werden von Pro Juventute empfohlen und im Unterricht eingesetzt. Bis heute wurde der Autor bereits in über 1000 Schulen zu Lesungen eingeladen. Basierend auf seinen Jugendbüchern haben Schulen Projekte zu den Themen «Jugendgewalt» und «Sucht» gestartet.

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