Hello Family Bloggerin Deborah

Attachment Parenting – Tragen, Stillen, Familienbett

Aktuell wird viel über Attachment Parenting, kurz AP, diskutiert. Doch was ist Attachment Parenting überhaupt, was beinhaltet diese Art von Erziehung? Und wie lässt sich eine bindungsorientierte Erziehung im Alltag konkret umsetzen?

Da ist sie – diese junge Mama, die keine Sekunde ohne ihr Baby verbringen will. Tagsüber trägt sie es entweder im Tragetuch eng bei sich oder stillt es. Nachts kuscheln die beiden im gleichen Bett oder sind zumindest via Beistellbett in ständigem Körperkontakt. Das Baby ist meist glücklich damit – denn sein Bedürfnis nach Nähe, die es aus seiner Zeit im mütterlichen Bauch kennt – wird gestillt. Und auch die Mama ist – mal abgesehen von der Erschöpfung – zufrieden. Denn durch den ständigen Körperkontakt werden bei ihr Kuschelhormone ausgeschüttet. Solch eine Mutter gestaltet die Elternschaft also besonders bindungsorientiert.

Was ist Attachment Parenting?

Eigentlich ist Attachment Parenting – so zumindest die Befürworter – nichts anderes, als mit dem Baby so umzugehen, wie es die Natur vorgesehen hat. In der Steinzeit gab es keine Flaschennahrung und keine Kinderwagen. Und hätte ein Baby ohne den Schutz der Mutter in einer Höhle geschlafen, wäre es vermutlich von einem Säbelzahntiger gefressen worden. Während der Industrialisierung begannen dann Mutter und Kind, sich immer weiter voneinander zu entfernen, das bindungsorientierte Erziehen wich einer immer früheren Loslösung. Das hat sicher ganz praktische Gründe: Die Flasche konnte auch jemand anderes geben, wenn die Mutter in der Fabrik arbeitete. Man liess die Babys so lange schreien, bis sie von alleine wieder einschliefen – und danach vermutlich besser durchschliefen, sodass die Mutter morgens arbeitsfähig war. 

AP: Zurück zur bindungsorientierten Elternschaft

Die Idee zum Attachment Parenting hatte der amerikanische Kinderarzt Williams Sears in den 1980er-Jahren. Seine Theorie umfasst die «7 B’s», die heute als Grundlage des bindungsorientierten Erziehungsstils gelten: direktes Bonding nach der Geburt, Stillen des Säuglings (Breastfeeding), nahe beieinander schlafen (Bedding close to baby), das Schreien des Babys ernst nehmen (Belief in the language value of your baby’s cry), kein Schreien-Lassen respektive Schlaftraining (Beware of baby trainers) und die Balance zwischen den Bedürfnissen von Mutter und Kind. Dadurch soll die Bindung zwischen dem Kind und seinen Eltern gestärkt werden. Sprich: Es soll eine Basis des tiefen Vertrauens und der Sicherheit innerhalb der Familie geschaffen werden, von der das Kind als auch die Eltern ein Leben lang profitieren sollen. 

So kam ich selbst zum Attachment Parenting

Ich selbst wusste nicht bereits von Anfang an, dass Attachment Parenting der richtige Weg für uns sein würde. Ich setzte mich auch ganz bewusst überhaupt nicht mit unterschiedlichen Erziehungsstilen auseinander, sondern glaubte daran, dass mir mein Bauchgefühl schon den richtigen Weg weisen würde. Attachment Parenting kam mir erst ins Bewusstsein, als meine Tochter etwa drei Monate alt war. Damals meinte meine Baby-App, dass es nun an der Zeit sei, meinem Kind das Schlafen beizubringen. Und zwar durch kontrolliertes Schreienlassen. Eine Minute solle man das Baby anfangs weinen lassen, bevor man zu ihm geht und es tröstet. Also starrte ich wie gebannt auf den Timer meines Handys. Schon nach 30 Sekunden gab ich auf, ging zu meiner Tochter, nahm sie in den Arm und löschte die App vom Telefon. Denn ich hatte verstanden, dass mein Mama-Herz weder für Schlaf- noch für sonstige Trainings mit meinem geliebten Baby gemacht war. 

Trotz Kritik: Attachment Parenting war mein Weg

Nachdem mir aus meinem Umfeld ein gewisses Unverständnis gezeigt worden war, machte ich mich auf die Suche nach Gleichgesinnten: Und so lernte ich, dass mein Mama-Herz nicht einfach zu weich war, sondern dass hinter dem Eingehen auf die Bedürfnisse des Babys eine Erziehungsphilosophie steckt: das Attachment Parenting, also die bedürfnis- oder bindungsorientierte Erziehung. Oft stösst Attachment Parenting auf Kritik: Werden die Kinder nicht verweichlicht oder verzogen, wenn man immer auf ihre Bedürfnisse eingeht? Und was ist, wenn das Kind selbst mit 18 Jahren noch nicht aus dem Elternbett ausgezogen ist? 

Bindungsorientiertes Erziehen ist nicht gleich Selbstaufgabe

Was letztere Frage betrifft, kann ich beruhigen: Selbst mein kleiner Sohn, der seit Geburt bei mir im Bett schlief, ist vor Kurzem aus dem Elternzimmer ausgezogen – mit noch nicht mal drei Jahren. Einfach, weil sich sein natürliches Bedürfnis nach Autonomie gemeldet hat. Und vielleicht ja gerade, weil wir ihm durch Attachment Parenting die nötige Sicherheit und das Selbstvertrauen mitgegeben haben. Eines darf bei der bindungsorientierten Elternschaft natürlich auch nicht vergessen werden: Williams Sears siebten Punkt einzuhalten, nämlich die Balance zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen zu finden. 

Attachment Parenting darf nicht zu kompletter Selbstaufgabe führen, die im schlimmsten Fall im Burnout der Mutter endet. Auch die Bedürfnisse der Eltern müssen zählen und ernst genommen werden. Nur so kann eine bindungsorientierte Erziehung auch langfristig funktionieren.

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