Legasthenie bei Kindern: Anzeichen und Behandlung

Vertauschte Buchstaben, ein kleiner Wortschatz, Schwierigkeiten beim Lesen: Bleiben die Lese- und Rechtschreibfähigkeiten eines Kindes weit hinter denen seiner Altersgenossen zurück, sollten Eltern aufmerksam sein. Möglicherweise steckt hinter der Lernschwäche des Kindes eine Legasthenie.

Jedes Kind hat individuelle Bedürfnisse und Voraussetzungen

Bereits in den ersten Jahren unterscheiden sich die Leistungen von Schülern teilweise erheblich: Manche Kinder nehmen den Lernstoff in der Schule mühelos auf und lösen Aufgaben ohne Probleme; andere Kinder haben Schwierigkeiten, das Gelernte umzusetzen.

Jedes Kind bringt andere Voraussetzungen mit, lernt unterschiedlich schnell, hat Stärken und Schwächen. Gehört ein Kind zu den lernschwächeren Schülern, ist das grundsätzlich nicht weiter besorgniserregend. Liegt es allerdings auffällig weit hinter den Leistungsanforderungen und den Fähigkeiten seiner Klassenkameraden zurück, sollten Eltern und Lehrer genauer hinschauen. Hilft es, das Kind zur Nachhilfe zu schicken oder liegt ein anderer Grund vor? Zeigen sich die Schwächen vor allem beim Schreiben und Lesen und werden Fehler immer wieder gemacht, kann nämlich eine Legasthenie beim Kind ursächlich dafür sein.

Legasthenie: Was ist das?

Legasthenie ist auch unter dem Namen Lese- und Rechtschreibstörung bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet dabei zwischen Legasthenie und der Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS), die häufig synonym verwendet werden. Liegen erklärbare Ursachen für eine Schwäche beim Lesen und Schreiben vor – wie ein psychisches Trauma –, sprechen Experten von LRS. In diesem Fall zeigen sich die Schwächen meist nur vorübergehend und lassen sich mit einer Therapie gut behandeln. Um eine Legasthenie handelt es sich hingegen, wenn die Ursachen der Schwäche nicht erklärbar sind, also keinen spezifischen Auslöser haben. Inwieweit eine Unterscheidung sinnvoll ist, bleibt jedoch umstritten.

Egal, ob Legasthenie oder LRS – eine Lernschwäche zeigt sich bei Kindern schon in den ersten Schuljahren; wird aber häufig erst nach geraumer Zeit erkannt. Zwischen fünf und zehn Prozent der Kinder sind nachweislich von einer Legasthenie betroffen. Zudem leiden Jungen häufiger als Mädchen unter der Lernstörung.

Betroffene Kinder haben von Anfang an Schwierigkeiten, die an sie gestellten Leistungsanforderungen in der Schule zu erfüllen. Vor allem das Lesen und Schreiben fällt ihnen schwer. So kommt es dazu, dass sie auch nach Jahren intensiver Schulbildung die Anforderungen in diesem Bereich nicht erfüllen können. Darunter leiden auch die Leistungen in anderen Schulfächern.

LRS oder Legasthenie bei Kindern: Symptome und Anzeichen

LRS und Legasthenie machen sich je nach Situation unterschiedlich stark bemerkbar. Auf folgende Anzeichen sollten Eltern achten, wenn sie vermuten, dass ihr Kind an einer Legasthenie oder LRS leidet.

Lesen

  • Kinder mit Legasthenie oder LRS verfügen nur über unzureichende Lesefähigkeiten.
  • Sie lesen nur langsam und stockend und machen auch bei leichten Texten viele Fehler.
  • Teilweise werden Buchstaben, Silben oder sogar ganze Wörter beim Vorlesen verschluckt.
  • Wörter werden mehr erraten als vorgelesen.
  • Kinder mit Leseschwäche verstehen den Sinn des Gelesenen nur teilweise oder gar nicht.

Schreiben

  • Die Rechtschreibschwäche äussert sich bei Kindern vor allem durch eine hohe Anzahl an Fehlern beim Schreiben. Teilweise schreiben Betroffene die gleichen Wörter in einem Text mehrfach unterschiedlich falsch.
  • Häufig machen Kinder mit Legasthenie auch nach Jahren immer noch die gleichen Fehler.
  • Das Schreibtempo ist langsam und die Handschrift schlecht.
  • Häufig vertauschen sie Buchstaben innerhalb eines Wortes miteinander. Manchmal werden Buchstaben, Silben oder ganze Wörter im Text ausgelassen.
  • Vor allem zwischen harten und weichen Lauten zu unterscheiden, fällt betroffenen Kindern schwer: Sie verwechseln zum Beispiel die Buchstaben d und t, g und k oder b und p.
  • Grammatik- und Satzzeichenfehler treten gehäuft auf.

Sprechen

  • In manchen Fällen haben Kinder mit Lese- und Rechtschreibschwäche oder Legasthenie auch Schwierigkeiten beim Sprechen, einen vergleichsweise kleinen Wortschatz sowie Wortfindungsschwierigkeiten.

Sonstiges

  • Eine Legasthenie oder Lese- und Rechtschreibschwäche bei Kindern wirkt sich auch auf andere Schulfächer aus: Sie können Aufgabenstellungen nicht richtig lesen und verstehen. Zudem reichen die Schreibfähigkeiten nicht aus, um Fragen zu beantworten.
  • In manchen Fällen zeigen Kinder mit einer Lernschwäche Verhaltensauffälligkeiten: Sie sind aggressiv, unruhig, unkonzentriert oder ziehen sich aus ihrem sozialen Umfeld zurück.
  • Zudem kann es vorkommen, dass sie ungern zur Schule gehen und sogar Schulangst haben. Das kann so weit führen, dass betroffene Kinder psychische Probleme bekommen und andere Krankheitsbilder wie Bauchschmerzen häufiger als üblich auftreten.

Legasthenie und LRS bei Kindern behandeln

Wenn Sie den Verdacht haben, dass ihr Kind an einer Lernschwäche leidet, sollten Sie es testen lassen. Da es sich sowohl bei Legasthenie als auch bei LRS nicht um eine wirkliche Krankheit oder Behinderung handelt, lassen sich die Symptome in der Regel gut therapieren. Zunächst einmal wird der Therapeut herausfinden wollen, ob ihr Kind an einer Legasthenie oder an einer Lese- und Rechtschreibschwäche leidet.

Häufig ist ein traumatisches Ereignis – wie die Scheidung der Eltern – ursächlich für eine Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) bei Kindern. Mithilfe einer Therapie lässt sich der auslösende Faktor entsprechend behandeln. Zunächst muss der Therapeut dem Problem auf den Grund gehen. Ist der Auslöser identifiziert, lässt es sich durch spezielle Therapiemassnahmen behandeln. Hat ein Kind das traumatische Ereignis verarbeitet, macht sich dies auch bei den schulischen Leistungen bemerkbar.

Bei Kindern mit Legasthenie setzen Spezialisten hingegen auf einen ganzheitlichen Therapieansatz, der die Störung an sich ins Zentrum stellt. Zum einen werden die Lese- und Rechtschreibfähigkeiten der Kinder ihren Bedürfnissen entsprechend gefördert. Zum anderen sollen psychotherapeutische Methoden den Kindern dabei helfen, die Störung zu akzeptieren und zukünftig besser mit ihr umzugehen. In vollständigem Umfang lässt sich die Legasthenie zwar nicht beseitigen, jedoch lassen sich die Lese- und Rechtschreibfähigkeiten nachweislich verbessern.

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