Hello Family Bloggerin Nadja

Das Leben mit Teenagern

Auf der Schwelle zum Erwachsenwerden ist es nicht immer lustig. Sowohl für die Teenager als auch für die Eltern. Dabei – und es könnte so einfach sein – braucht es nur ein wenig Verständnis. Von beiden Seiten. Doch ich fürchte, die Eltern müssen etwas mehr in die Pedale treten.

«Kleine Kinder, kleine Probleme. Grosse Kinder, grosse Probleme», sagte mir einst ein Arbeitskollege, als meine Kinderchen noch klein waren. Ich lachte innerlich. Ja genau, dachte ich. Wenn sie gross sind, brauchen sie weder Nuggi noch Windeln, noch Kinderwagen und man kann eine vernünftige Unterhaltung führen. Ich dachte an all den Kram, den man dann nicht mehr mitschleppen, und all die Essensreste, die man nicht mehr unter dem Tisch wegkratzen muss. Kindersitze, Krippenplätze, Wutanfälle, Schlafmangel. Und alle drei Monate sind die Kleider zu klein.

Doch er sollte recht behalten.

Den Spruch hörte ich vor etwa 14 Jahren. Da war das Kind ein zartes Jahr alt. Weit weg von Schuldruck, Cliquenzickereien, gebrochenen Herzen, der Berufswahl, den neusten völlig überteuerten Musthave-Sneakers und kleinen, mittelgrossen und nicht selten grossen Dramen des adoleszenten Alltags.

Ich bin nun mittendrin in dieser Wildwasserfahrt der pubertären Eigenheiten und ernte jede Menge Augenrollen, wenn ich Witze mache oder einen wirklich extrem wertvollen Ratschlag gebe. Allein meine Anwesenheit ist teilweise pure Provokation. Manchmal entgegnet das Kind auch einfach ein charmantes Jaaaaaahhaaaaaaa, um mir liebevoll zu vermitteln, dass ich gehört wurde.

Und dann sind da auch diese verschlüsselten, bis zur Unkenntlichkeit verkürzten Textnachrichten, deren Inhalte man erst nach langer Zeit zu enträtseln vermag. Und dann ändern sie wieder.

Einerseits bahnt sich diese neue Phase langsam an, anderseits ist sie gefühlt von einem Tag auf den anderen da und man muss bereit sein. Da ist man auf einmal mit dem Kind in einer Welt, in der sich vermeintliche Freunde wegen jedem minimen Aufreger gegenseitig in den sozialen Medien blockieren, dann wieder ent-adden, damit man einander wieder anfragen kann und dann entfolgt, dann wieder folgt, um sich dann wieder zu blockieren.

Der Teenager. Status kompliziert.

Die Probleme, mit denen sich Teenager rumschlagen müssen, könnte man nun als nichtig abtun. Doch um Teenager zu verstehen, ist es ratsam, sich bewusst zu machen, dass in diesem jungen Körper sehr viel passiert. Da wird intern so fleissig umgedrahtet, dass kaum mehr Platz für anderes bleibt. Ein aus unserer Sicht normales Verhalten zum Beispiel.

Das Gehirn funktioniert in diesen spannenden Jahren anders als das von Erwachsenen. In manchen Studien wurde aufgezeigt, wie sich der präfrontale Cortex – ein sehr wichtiger und grosser Teil des Gehirns, zuständig für Entscheidungen und eine Vielzahl kognitiver Fähigkeiten – stetig verändert, bis er dann irgendwann ausgereift ist. Auch ist darin die Aktivität bei sozialen Entscheidungen viel höher als bei Erwachsenen, weil diese Dinge im Teenageralter einfach eine bedeutendere Rolle spielen. Wir haben das ja alles hinter uns. Wir finden, wir müssen nicht mehr jedem gefallen. Und es ist uns irgendwann egal, was andere denken. Da ticken Pubertierende natürlich ganz anders. So wie wir damals auch. Und es bringt überhaupt rein gar nichts, wenn wir dem Kind wohlwollend erklären wollen, dass es ihm doch total egal sein kann, was andere denken.

Wenn wir also etwas nicht nachvollziehen können, ist das so, weil (und das könnte nun ein stilles Mantra sein) unsere Gehirne die Prioritäten anders setzen und das ist völlig richtig so. 

Natürlich gibt es Situationen, wo wir – bei aller Liebe und allem Verständnis – den Riegel vorschieben müssen. Wir sind nach wie vor die Eltern, die die Leitplanken da positionieren, wo wir sie für richtig halten. Und da liegt es in der Natur der Sache, dass wir hier nicht immer auf grosses Einfühlungsvermögen der Kinder stossen. Es ist jedoch meines Erachtens sinnvoller, mit dem Kind in einer ruhigen Minute über diese Schranken zu sprechen und auch nach Fehlleitungen diese nochmal – in nett – zu diskutieren, statt hilflos rumzubrüllen (auch wenn das – je nach Fall – das naheliegendste wäre). Ein ruhiges Gespräch bringt immer mehr, als es das Schimpfen jemals tun wird.

Grenzen werden dennoch überschritten. Und da kommen Konsequenzen ins Spiel. Hier kann man sich schon mal ein paar zurecht zu legen und allenfalls dem Kind im Vorfeld mitteilen. Idealerweise haben diese Konsequenzen einen Bezug zum Fehlverhalten (z. B.: Kommt das Kind zu spät nach Hause, darf es beim nächsten Mal halt nicht in den Ausgang. Bringt das Kind die Wäsche nicht zum Wäschekorb, werden die Sachen nicht gewaschen).

Wichtig ist, dass Konsequenzen, wie der Name schon impliziert, unbedingt konsequent durchgezogen werden. Leere Drohungen führen dazu, dass das Kind die Eltern nicht ernst nimmt und davor ist ganz allgemein zu warnen, wenn man sich einen entspannten Umgang mit dem Teenager erarbeiten möchte.

Je nach Temperament ist das Zusammenleben mit einem Teenager trotzdem kein Spaziergang. Da hilft es stoisch und in sich ruhend einfach zu warten, im Wissen, dass die wilden Jahre irgendwann vorbei sind und der präfrontale Cortex zur Ruhe kommt. Und währenddessen, so scheint es mir, ist es wichtig, Interesse zu zeigen und neugierig in die Welt des Kindes einzutauchen, mit dem Kind im Gespräch zu bleiben, nachzufragen und vor allem: zuzuhören.

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