Mobbing in der Schule

Jedes Kind kann zum Opfer von Mobbing in der Schule werden. Der Anteil der Schüler, die regelmässig schikaniert werden, soll bei fünf bis elf Prozent liegen. Mobbing-Experten gehen davon aus, dass sogar jedes siebte Kind betroffen ist. Ein heikles Thema für Betroffene, Eltern und Lehrer.

Wo fängt Mobbing in der Schule an?

Aussenstehende, aber auch die betroffenen Schüler stellen sich zu Beginn häufig die Frage, ob es sich um einen Konflikt oder schon um Mobbing handelt. In der Psychologie wird Mobbing als eine besondere Form der körperlichen und verbalen Gewalt beschrieben, die sich in offener oder subtiler Form äussern kann. Mobbing muss nicht nur in der Schule stattfinden. Auch jenseits des Schulhofes geht es durchaus weiter – auf dem Schulweg, dem Spielplatz, im Verein oder per Handy und im Internet. Cybermobbing ist ein neuartiges Problem unseres Jahrhunderts, das von vielen Erwachsenen noch unterschätzt wird.

Zeitraum und Intensität der Gewalt bestimmen, ob es sich um einen normalen Konflikt oder um Mobbing handelt. Die Täter schikanieren das unterlegene Opfer regelmässig und über einen langen Zeitraum. In der Fachliteratur wird eher der Begriff «Bullying» («bully» bedeutet im Englischen so viel wie Tyrann oder brutaler Kerl) benutzt. Das Wort «Mobbing» stammt von «Mob» – das ist eine aufgebrachte, aggressive Menge. Doch in diesem Wort steckt ein wichtiges Kriterium: Mobbing ist häufig keine Einzeltat, sondern wird von einer Gruppe ausgeübt. Der «Bully» ist dabei derjenige, der den Anstoss für die offenen oder subtilen Hänseleien gibt, doch die wahre Dynamik entwickelt sich erst in der Gruppe.

Gründe für Mobbing

Mobbing in der Schule gibt es, seitdem es Schulen gibt. Neu daran ist lediglich das Wort. Gemobbt wird, wer bestimmte Verhaltensweisen oder Persönlichkeitszüge zeigt, die anderen nicht gefallen. Auch physische Merkmale wie beispielsweise eine Behinderung, Übergewicht oder Unsportlichkeit können zu Mobbing in der Schule führen. Der Betroffene wird zur Zielscheibe kollektiver Aggression oder anderer negativer Gefühle.

Soziale Indikatoren spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Ausgeschlossen wird, wer der Gruppenästhetik nicht entspricht. Wer sich im Aussehen oder Verhalten von der Mehrheit der Gruppe unterscheidet, wird zum Aussenseiter. Diese Ausgrenzung liegt in der Angst vor dem «Fremden» oder «Anderen» begründet; Auslöser können beispielsweise eine andere Nationalität, Kultur, Religion oder Sprache sein. Auch die vermeintlich falsche Kleidung, fehlende Statussymbole oder andere Interessen können Mobbing auslösen.

Die Ursachen für Mobbing sind also vielseitig. Dabei ist es wichtig, Folgendes festzuhalten: Schulmobbing kann jeden treffen. Ein Kind, das in der einen Klasse sozial integriert ist, wird eventuell in einer anderen gemobbt. Mobbing in der Schule beschränkt auch sich nicht auf bestimmte Schichten oder Schultypen. Es kann jeden treffen, der in die Position des Schwächeren gerät.

Formen des Mobbings

Mobbing wird auf unterschiedlichste Weise ausgeübt, direkt und indirekt. Direktes Mobbing beinhaltet zum Beispiel herabsetzende Worte oder Auslachen. Oft kommen zu diesen verbalen Schikanen körperliche Übergriffe, Drohungen oder Beschädigungen des persönlichen Eigentums hinzu.

Indirektes und subtiles Mobbing äussert sich in vielerlei Weise. Dazu gehören etwa Ausgrenzen und Ignorieren, zum Beispiel bei Gruppenarbeiten und im Sport. Über das betroffene Kind werden Gerüchte verbreitet, ihm werden Freunde ausgespannt und ihm werden mittels Gestik, Mimik und Körpersprache verdeutlicht, dass es nicht zur Gruppe dazugehört.

Ein recht neues Phänomen ist das E-Mobbing übers Internet oder Handy. Übergriffe werden gefilmt und rumgezeigt oder an andere Mitschüler versendet, wodurch das Opfer zusätzlich gedemütigt wird. Aber auch Lästern in sozialen Netzwerken und Verleumdungen via SMS oder WhatsApp sind beliebte Mobbing-Methoden.

Wie wirkt sich Schulmobbing auf Betroffene aus?

In der Regel suchen die betroffenen Schüler die Schuld bei sich selbst, und das über einen längeren Zeitraum. Nur selten erzählen sie Eltern oder Lehrern davon, was ihnen tagtäglich zustösst. Die Folgen von andauerndem Mobbing sind gravierend. Das betroffene Kind zieht sich zurück und traut sich kaum noch, allein aus dem Haus zu gehen. Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl leiden massiv. Ausserdem sind viele Opfer von Natur aus schüchtern und zurückhaltend, was durch das Mobbing noch verstärkt wird.

Psychosomatische Symptome wie Kopf-, Bauch- und/oder Rückenschmerzen, Schlafstörungen und Konzentrationsproblemen treten bei vielen Opfern langjährigen Mobbings auf. Die Folgen der deutlich wahrgenommenen sozialen Isolierung und Einsamkeit sind häufig Passivität und depressive Tendenzen, die schlimmstenfalls in Selbstmordgedanken und -versuchen enden können.

Warnsignale für Mobbing in der Schule erkennen

Nur wenige betroffene Schüler suchen Hilfe bei Lehrern, Eltern oder anderen Erwachsenen. Deshalb ist es so wichtig, dass Bezugspersonen Hinweise erkennen, damit sie einem Mobbing-Opfer helfen können. Es gibt vielfältige Indizien, die auf Mobbing hindeuten:

Das Kind ...

  • ... macht seit Wochen einen bedrückten Eindruck.
  • ... wirkt ängstlich, unsicher oder nervös.
  • ... geht kaum noch raus und verkriecht sich am liebsten in seinem Zimmer.
  • ... verliert häufig Dinge und braucht öfter Geld.
  • ... hat gehäuft Verletzungen, zerrissene Kleidungsstücke oder kaputte Sachen.
  • ... möchte nicht zur Schule gehen oder über seinen Schulalltag reden.
  • ... klagt über Schmerzen.
  • ... schläft schlecht und hat Alpträume.
  • ... hat nur wenige soziale Kontakte und sucht die Nähe von Erwachsenen.

Wenn aus dem Verdacht «Mein Kind wird gemobbt!» Gewissheit wird, sollten Eltern mit Feingefühl reagieren. Denn ein Kind, das in der Schule zum Opfer wurde, wird Scham, Ärger und Wut fühlen. Schon allein den richtigen Zeitpunkt für ein Gespräch zu finden, gestaltet sich nicht immer einfach. Eltern, die gut zuhören können, werden von ihrem Kind am meisten erfahren.

Mein Kind wird gemobbt – was kann ich tun?

Leider ist immer noch die Vorstellung weit verbreitet, Mobbing-Opfer seien an ihrem Schicksal selbst schuld. Das stimmt nicht. Der Peiniger sucht sich sein Opfer zufällig aus, seine Begründungen sind vorgeschoben – und er ist auch der alleinige Schuldige.

Ein Gespräch mit dem Klassenlehrer wird sich nicht vermeiden lassen. Allerdings sollten Eltern sich auf dieses Gespräch gut vorbereiten. Darin sollte es vor allem darum gehen, was die Eltern sich von der Schule wünschen und wie sie gemeinsam vorgehen können. Auch wenn es schwer fallen mag, sollten die Eltern sich bemühen, möglichst sachlich zu bleiben. Dafür hilft es, das Ziel vor Augen zu behalten, nämlich zusammen mit dem Lehrer eine Strategie zu erarbeiten.

Eltern und Lehrer sollten in den folgenden Tagen und Wochen beobachten, ob sich die gewünschte Veränderung einstellt. Ist dies nicht der Fall, sollten die Eltern erneut mit dem Klassenlehrer sprechen. Es ist durchaus sinnvoll, weitere Personen wie die Schulleitung, den Vertrauenslehrer, einen Elternvertreter oder den Schulpsychologen hinzuziehen.

Manchmal reicht schon der Wechsel in die Parallelklasse. Nicht immer bringt ein Schulwechsel den gewünschten Erfolg, da das Kind dort als Neuling zunächst auch wieder der Aussenseiter ist. Die wirklich allerletzte Massnahme sollten rechtliche Schritte sein.

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