Bereits mehr als ein Jahr ist vergangen, als unser Sohn auf die Ankündigung unseres Rollenwechsels wie folgt reagiert hat: «Yeah – jeden Tag Fisch!» . Als wir ihn und auch unsere Tochter kürzlich fragten, wie die letzten Monate mit mir als Vollzeit-Papa waren, war die erste Reaktion von beiden: «Papi, du kochst besser als Mami, obwohl Mami auch sehr gut kocht.» – «Zwischenziel erreicht!», dachte ich mir, denn als ich in meinem Umfeld vor über einem Jahr von meiner neuen Herausforderung berichtet hatte, wurde ich (fast) immer gefragt, ob ich denn kochen könne.
Da es aber nicht nur ums Kulinarische geht, bohrten meine Frau und ich weiter, um herauszufinden, wie ihnen das letzte Jahr mit getauschten Rollen gefallen hatte. Die Antworten waren durchwegs positiv, wobei unsere 4½-jährige Tochter sofort freudig fragte, ob denn jetzt Mami wieder zu Hause bleibe. Als wir ihr erklärten, dass dies nicht der Fall sei, war sie sichtlich geknickt: Sie zeigte erst nach einem dreiviertel Jahr, wie sehr ihr Mami im Alltag fehlte. Sie war seither sehr unberechenbar, z.B. wollte sie meine Frau am Morgen nicht zur Arbeit gehen lassen und blockierte die Haustüre mit allen Mitteln. Auch schien sie teilweise wieder in die Trotzphase zurückzufallen. Es gab aber auch sehr schöne Momente, wie unsere wöchentlichen Velotouren zum Bauernladen.
Meine Frau sagt, dass unsere Kinder viel sportlicher geworden seien, seitdem ich zuhause sei. Denn wenn ich mit den Kindern rausgehe, ist bei mir immer ein Ball dabei. Dafür erzähle ich nicht so viele Geschichten und singe auch weniger mit ihnen. Meine Frau holt dies am Abend und am Wochenende nach. Es ist also heute nicht besser oder schlechter als früher, sondern einfach anders. Den Kindern gefällt es so auch.
Mein heutiger Alltag verlangt mir einiges mehr ab als mein bisheriger Job: Absolute Flexibilität ist gefragt, wenn auch nur ein Rädchen «in der Maschine» nicht richtig dreht, wirft es die ganze Planung über den Haufen – die Kinder sind unberechenbar. Hut ab vor allen 100-Prozent-Müttern und -Vätern: In diesem Job sind Skills wie Geduld, Organisationstalent, Empathie und Durchsetzungsvermögen gefragt – sieben Tage pro Woche und ohne Pause. Auch ich bin jeweils froh, wenn ich am Montagnachmittag ins Büro gehen und die Kinderbetreuung den Grosseltern überlassen kann.
Nichtsdestotrotz würde ich im Moment nicht wieder zurückwechseln wollen. Beim Heranwachsen der Kinder so nah dabei zu sein, macht viel Freude. Übrigens für meine Frau stimmt die Situation auch so, wie sie ist.
Im August warten auf uns neue Herausforderungen: Die Schule fängt bei unserem Sohn an und unsere Tochter kommt in den Kindergarten. Vielleicht finde ich ja dann im hektischen Alltag ein paar Stunden für mich – eingeplant ist dafür jeweils der Dienstagmorgen, sofern nichts dazwischenkommt ...