Hello Family Bloggerin Nadja

Kinder sollen Kinder sein

Kinder sind laut, chaotisch und machen Unordnung. Sie brauchen Bewegung, sie springen und hüpfen lieber, als dass sie langweilig vor sich her spazieren. Sie werden schmutzig, sie kreischen und schreien. Sie sind wild und unberechenbar. Und das ist gut so.

Ich sehe dieses Bild aus dem Film «Titanic» vor mir: Ein kleines Mädchen aus der noblen ersten Klasse sitzt am Tisch und wird von der Mutter angehalten, stockgerade zu sitzen und die Serviette sanft auf den Schoss zu legen. Natürlich ist es notwendig, dass man Kindern gesellschaftliche Regeln nahebringt, die das Zusammenleben erleichtern, dass man ihnen Anstand beibringt, Werte vermittelt und dass das Kind auch lernt, sich mal zurückzunehmen.

Sicherlich ist dies auch die Intention der Mutter aus dem Film. Auch wenn diese Filmszene sicher nicht eine kindergerechte Haltung vermittelt. Denn diese wäre wohler eher bei Astrid Lindgrens «Bullerbü» zu finden. Dort klettert die Kinderschar auf Bäume, ist laut und lustig, denkt sich den ganzen Tag Streiche aus und kann sich wild durch die Natur hangeln. 

Die meisten würden wohl sagen, dass genau so eine Kindheit aussehen sollte. Frei und unbeschwert. Glücklich und leicht. Laut und fröhlich. Doch wie oft können wir unseren Kindern solche Momente bescheren? Wie oft pfeifen wir sie zurück, wenn sie zu laut, zu ungestüm, zu unbequem werden? Oder rügen sie, weil die Hose schmutzig, kaputt oder nicht mehr auffindbar ist? Und vor allem: Wie sehr stopfen wir ihre Freizeit voll?

Manche Kinder verfügen schon über dichtere Agenden als mancher Erwachsene. Musik, Sport, Kunst, Kultur, Sprachen. Je früher die Kinder lernen, desto besser. Schon im Kindergarten werden Fähigkeiten und Sozialverhalten in Beurteilungsbögen festgehalten. Stärken und Schwächen werden analysiert. Die Stärken gefördert, die Schwächen ausgemerzt.

In unserer leistungsorientierten Gesellschaft soll aus dem Kind natürlich was werden. Und es liegt auch in der Natur des Menschen, dass er vergleicht. Bisweilen auch missgönnt, wenn sich der Nachbarsbub schneller entwickelt, anständiger ist, vielleicht auch ruhiger, besonnener. Schnell streicht man die Vorzüge des eigenen Kindes heraus. Und setzt sich damit selbst unter Druck. Und das Kind auch. 

Schon Kleinkinder werden in Betreuungseinrichtungen platziert, die bewusst Frühförderung betreiben. Natürlich alles spielerisch. Doch mit einem klaren Hintergedanken: Je früher, desto besser. Denn was Hänschen schon lernt, ist schliesslich schon mal abgehakt.

Bei all dem geht ganz viel Bullerbü verloren. Musse, die den Kindern so guttut. Freie Zeit voller sinnloser Tätigkeiten, die sie beruflich nicht weiterbringen werden. Oder eben doch. Weil sie sich frei entfalten, ihren Weg gehen können, ihre eigenen Erfahrungen sammeln, sich kreativ austoben, achtsam sind, Kleinigkeiten bewundern und dabei sicherlich auch ganz viele Sozialkompetenzen mit auf den Weg kriegen.

Wenn wir also wieder mal die Freizeitplanung unserer Kinder übernehmen oder uns über die triefende oder schmutzige Kleidung ärgern, weil das Kind sich durch Schlamm und Regen gekämpft hat, machen wir einfach einen Schritt zurück und denken an Bullerbü. Lassen wir die Kinder Kinder sein. Wild und frei. So lange wie möglich. 

Weitere Blogberichte von Nadja

Werbung