Familienalltag
Hello Family Bloggerin Deborah

Kind, sprich doch endlich!

Dass Kinder sich sehr unterschiedlich entwickeln, realisierten mein Mann und ich erst bei unserem zweiten Kind so richtig. Während unsere Tochter im Alter von zweieinhalb Jahren schon fast perfekt sprach, hatte ihr kleiner Bruder andere Pläne.

Lange musste ich mir über die Sprachentwicklung keine Gedanken machen. Unsere Tochter sprach ihre ersten Wörter kurz nach dem ersten Geburtstag. Im Alter von 18 Monaten kommunizierte sie mit Zwei-Wort-Sätzen und mit zwei Jahren reihte sie bereits vier Wörter aneinander. Seit sie reden kann, tut sie fast nichts anderes mehr. Von morgens früh bis abends spät redet sie – mit ihren inzwischen fünf Jahren auf einem Niveau, das schon nahe an demjenigen eines Erwachsenen ist. Nur einige charmante Buchstabendreher – wie zum Beispiel «Vlokan» anstatt «Vulkan» – sind geblieben. Doch seit sie in den Kindergarten geht, verschwinden auch diese immer mehr.

Wie die Tochter, so nicht der Sohn

Unser Sohn war da ganz anders. Ich vermute mal, er hatte komplett andere Prioritäten. Motorisch und feinmotorisch entwickelte er sich sehr schnell. Man muss ja schliesslich in irgendeiner Form der grossen Schwester folgen können – auch wenn dies krabbelnd ist. Doch sprachlich wartete er etwas länger auf den grossen Durchbruch. Bemerkt haben wir dies zum ersten Mal im Alter von 16 Monaten, als uns die Ärzte (wir waren aufgrund einer Erkrankung im Spital) fragten, ob er denn schon Mama und Papa sage. Tat er noch nicht. Irgendwann, im Laufe des zweiten Lebensjahres, tat er es dann schon. Viel mehr aber auch nicht. Er benutzte zwar vereinzelt eigene Wörter, die aber mit dem eigentlichen Wort wenig zu tun hatten. Und er sprach uns nicht nach. Zweiwort-Sätze begann er kurz vor seinem zweiten Geburtstag zu sprechen, allerdings nur mit seinen eigenen Wörtern, die ausserhalb der Familie niemand verstand.

Jungs sprechen später als Mädchen

Ich war besorgt, weil ich diese Entwicklung nicht kannte. Zwar kannte ich das Phänomen der «Late Talker», dachte aber nie, dass mein Kind spät sprechen würde. Umso mehr fieberte ich der Zweijahreskontrolle entgegen. Und da konnte uns die Kinderärztin einigermassen beruhigen. Sie meinte, dass es in diesem Alter in Ordnung sei, wenn die Kinder eigene Wörter hätten. Sie fragte uns lediglich, ob er denn schon vier Wörter korrekt aussprechen könne. Er beherrschte sechs und war damit noch in der Norm. Puh, noch einmal Glück gehabt. Trotzdem wollte die Kinderärztin ein Auge auf die Sprachentwicklung legen. Wohl auch, weil sie merkte, dass wir uns weiterhin Sorgen machten.

Wie unterschiedlich sich Kinder entwickeln, zeigt auch der Schweizer Kinderarzt Remo Largo in seinem Buch «Babyjahre» auf. Gemäss diversen Diagrammen war unser Sohn zwar langsamer als der Durchschnitt, aber mit seiner Entwicklung durchaus noch im Normalbereich. Dazu kommt, dass Jungs rein statistisch tatsächlich später sprechen als Mädchen und zweite Kinder später als erste Kinder. Das hat zum einen damit zu tun, dass erste Kinder oft viel reden, während die zweiten ihnen zuhören. Und die älteren Kinder für die Kleinen «übersetzen». Da fällt die Motivation, Wörter richtig auszusprechen, bis zu einem gewissen Punkt weg.

In die sprachliche Entwicklung vertrauen

Ich machte mir Vorwürfe, dass ich mit unserem zweiten Kind zu wenig altersgerecht sprach. Und vielleicht auch zu wenig Bücher anschaute (obwohl das mein Sohn erst spät einzufordern begann). Gleichzeitig hatte ich Angst, etwas zu verpassen. Hörte er etwa nicht richtig? War mit seiner Zunge und seiner Kieferstellung alles in Ordnung? War da etwa eine Krankheit oder ein Syndrom, das seine sprachliche Entwicklung verzögerte? Gleichzeitig wusste ich aber, dass viele Kinder einfach nur eines brauchen für die sprachliche Entwicklung: Zeit. Nicht wenig Kinder sprechen erst um ihren dritten Geburtstag herum, so auch das Genie Albert Einstein (und im Übrigen auch mein Mann). Deshalb entschieden wir uns, unserem Sohn bis zu seinem dritten Geburtstag Zeit zu lassen. Ohne Abklärungen, ohne Logopädie, dafür mit ganz viel Vertrauen in die Fähigkeiten unseres Kindes.

Weitere Blogberichte von Deborah

Werbung